Beschreibung
Über das Hörspiel Abendlied
Im Jahr 2176 haben sich zwei junge Musikwissenschaftler mit dem 87-jährigen Berthold zu einem Treffen in der „social cloud“ verabredet (die „social cloud“ ist ein dreidimensionaler, virtueller Raum in dem sich die moderne, vernetzte, „rhizomorph structured Society“ zu verabreden pflegt). Die beiden Wissenschaftler forschen an dem Projekt: „Melodie als emotionsspeichernder Datenträger“ und ihr Interesse gilt den Erinnerungen Bertholds, die er an die Uraufführung der 5 kargen Lieder am 20. August des Jahres 2114 hatte: dem historischen Stichtag der Revitalisierung der Melodie. (In dieser fiktiven Welt wird bis ins Jahr 2114 ein sehr fortgeschrittener Umgang mit Kommunikationstechnologien und den damit kommunizierten Ereignissen gepflegt. Unsere gegenwärtige Idee einer notierten Komposition von Musik ist gänzlich aufgelöst und entspricht dort eher einer programmierten Organisation von komplexen, digitalisierten Geräusch- und Klangwelten, deren Makro- und Mikro- Rhythmen auf einem Zeitstrahl geordnet, in Tempo und Dynamik Crowd sensibel, also abhängig von Menge, Bewegung und Verhalten der Zuhörer reagiert. Es wird ein akkustisches Abbild der neuen Realität geschaffen, generiert aus virtuellen und digitalisierten Welten. Die Teilung einer Oktave in 12 Töne wird auf dem Weg dorthin als etwas zunehmend Befremdliches und Eingrenzendes empfunden. Man betrachtet die Melodie im Zuge dessen schließlich als verbrauchtes, emotionsverklebtes Instrument ferner abendländischer Jahrhunderte, ersonnen von den ebenso emotionsverklebten Hirnen ambitionierter Künstlergenies. Einst vom sogenannten prä-digi-diagnostischen Menschen vor 2020 ob des virtuosen Umgangs mit nur 12 lächerlichen Tönen mit Staunen bewundert, sind jene Künstler nun vergessene Erscheinungen der Geschichte.
Dementsprechend wird das Erlernen eines klassischen, unverstärkten Instrumentes im Vergleich zur dort praktizierten Musikproduktion als unvergleichlich ergebnisarm empfunden werden. Ja, es wird wahrscheinlich einzig in Abwesenheit aller Öffentlichkeit, von wenigen Liebhabern bewahrt.)
An der Realisierung des Hörspiels arbeiteten:
Bernd Kuschmann – Sprecher
Thomas Busch – Sänger
Andreas Bär – Komposition/Text/Regie/Produktion/Saxophone
Andreas Heimann – Oboe
Gerald Hacke – Klarinette
Johann Rindberger – Horn
Nicola Hammer – Fagott